Dark Patterns. Ausgetrickst durch Design.

Wir werden manipuliert. Tagtäglich. Auch wenn wir es nicht gerne zu geben, ist Täuschung tief mit dem Leben auf unserem Planeten verbunden. Wir benutzen sie um zu manipulieren, zu kontrollieren und voneinander zu profitieren. Nicht verwunderlich werden Täuschungen in verschiedenen Formen auch bei der Gestaltung von Benutzeroberflächen eingesetzt.

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  • Michi Mauch

  • CEO & Digital Consultant

Es gibt gutes Design und schlechtes Design – und es gibt böses Design. Design das absichtlich nutzerunfreundlich ist. Ein sogenanntes «Dark Pattern» ist eine Art zur Gestaltung von Benutzeroberflächen, die Nutzer absichtlich zu Aktionen verleitet, die nicht zwingend in ihrem Interesse liegen. Dabei wird bewusst manipuliert, oftmals sehr subtil und mit einer Prise Kreativität. Die Irreführungen der Nutzer ist durchaus beabsichtigt.

Ist ein solches Design clever oder verwerflich? Und ist dies überhaupt legal? Diesen Fragen gehen wir in diesem Blog-Post nach.

Miese Tricks oder gängige Methoden?

Vor rund zehn Jahren ging der Begriff «Dark Pattern» in den Sprachgebrauch von Webentwicklern ein und wurde stark durch Harry Brignull geprägt. In seiner «Hall of Shame» sammelt er bis heute einige «schöne» Beispiele.

Der Gewinn ist süss, auch wenn er durch Täuschung entsteht.
Sophokles

«Dark Pattern» tönt auf den ersten Blick recht abstrakt. Aber eine absichtlich irreführende Gestaltung von Benutzeroberflächen ist überall anzutreffen. Auf seiner Webseite teilt Brignull die «Dark Patterns» in rund ein Dutzend verschiedener Prinzipien ein. So zum Beispiel das «Privacy Zuckering», benannt nach Facebook-Gründer Mark Zuckerberg. Durch absichtlich verwirrende Formulierungen und Schnittstellen soll es den Nutzer dazu verführen, mehr Informationen über sich preiszugeben, als Ihnen eigentlich lieb ist.

Ein kleines Beispiel:

Die Fluggesellschaft Swiss fragt seit April beim Besuch der Webseite die Cookie-Einstellungen in einem neuen Formular ab. Eigentlich vorbildlich. Doch das Formular ist inspiriert vom «Dark-Pattern»-Prinzip «Misdirection».

Im Formular lässt sich an- und abwählen, wozu Cookies angelegt und verwendet werden können: Statistik, Komfort und Personalisierung. Nur kurz die Wahl treffen und bestätigen, werden sich die meisten User denken. Dazu gibts ja schliesslich auch einen prominent platzierten und im helvetischen Rot gehaltenen schönen Button. Doch mit einem Klick auf den Button werden alle Optionen ausgewählt und das Formular geschlossen. Netterweise sieht man beim Weg-Klicken gerade noch wie alle Häkchen gesetzt werden. Natürlich ist der Button klar mit «Alle Auswählen und bestätigen» beschriftet. Natürlich ist der Nutzer der Unvorsichtige und hätte auf den entsprechenden kleinen Link neben dem Button klicken müssen. Doch der Grossteil der Pop-up genervten Besucher wird sich nur ganz kurz mit dem Formular auseinandersetzen und instinktiv auf den einzigen Button klicken.

Die Ungeduld wird zum Verhängnis

Die «Dark Pattern»-Prinzipien machen sich zu Nutze, dass Menschen nur eine beschränkte Kapazität zur Informationsverarbeitung haben. Die Nutzer wollen keine langen Texte lesen, sondern möglichst schnell ans Ziel kommen. Die Ungeduld führt dazu, dass die «Dark Patterns» oftmals leider wirklich funktionieren.

«Nur noch zwei Zimmer verfügbar!»: mit der Lockvogel-Taktik wird eine künstliche Dringlichkeit hergestellt. Die Nutzer fühlen sich gestresst und dazu verleitet eine übereilte Entscheidung zu treffen. Nachprüfen, ob diese Angaben auch wirklich stimmen, lässt sich kaum.

Weitere Beispiele:

Haben Sie schon einmal versucht Ihren Account bei einem Online-Shop zu löschen? Gewusst wie, wäre es doch eigentlich ganz intuitiv – oder etwa doch nicht? Schauen Sie selbst: das nachfolgende Video illustriert anhand von einigen Beispielen sehr schön die Definition und Funktionsweise von «Dark Patterns»:

Die rechtlichen Aspekte

«Dark Patterns» verstossen oftmals gegen geltendes Recht oder bewegen sich zumindest in einer Grauzone. Neben Vertrauensverlust und Reputationsschaden kann der Einsatz von Dark Patterns auch ins Geld gehen. So verwendete beispielsweise das Business-Netzwerk LinkedIn die E-Mail-Kontakte seiner Nutzer, um sogenannten «Friend Spam» im Namen des Nutzers zu verschicken. Die E-Mails stammten jedoch von LinkedIn selbst. 2015 musste das Unternehmen aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs 13 Millionen Schadensersatz an seine Mitglieder zahlen.

In der Schweiz gibt es bezüglich Dark Patterns noch kaum Rechtssprechung. Prozesse sind teuer, der individuelle Schaden meist gering, das rechtliche Vorgehen lohnt sich für einen einzelnen Nutzer nicht. Wird der Nutzer vorsätzlich getäuscht, verstösst er gegen das Bundesgesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG). Doch wenn auch nur ein klitzekleiner Hinweis in einer kaum lesbaren Schrift zu sehen war, wurde darauf hingewiesen und es liegt keine Täuschung vor.

Dem Nutzer bleibt so kaum etwas anderes übrig, als sich selbst zu schützen. Und nicht alles blind anzuklicken und zu konsumieren. Lesen hilft.

Die dunkle Seite des Designs

Als User Experience Designer sollte man sich gegen solche Tricks wehren. Im UX Design steht das Wohl des Nutzers im Vordergrund. «Dark Patterns» dienen jedoch dem Unternehmen mit seinem Angebot und nicht dem Nutzer. Es geht darum, möglichst viel zu verkaufen oder möglichst viele Daten zu sammeln. Als Designer sollte man sich deshalb auch nicht durch einen Kunden unter Druck setzen lassen. Mehr Conversions, mehr Subscriptions, mehr Leads, mehr Daten. Temporär können durch den Einsatz von «Dark Patterns» sicherlich Erfolge erzielt werden. Einige Prinzipien bewegen sich in einem rechtlichen Graubereich. Von einer nachhaltigen Geschäftspraktik kann sicher nicht gesprochen werden.


13.06.19

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